Eine Spurensuche, in Ostfriesland, in der Südwestpfalz und im Burgenland. Drei Regionen, drei mal ganz unterschiedlicher Umgang mit dem Erbe der jüdischen Mitbürger. Ganz unterschiedlich die Zeugnisse dessen, was die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte verschont hat, ganz unterschiedlich der Umgang mit diesen Zeugnissen.
Die Synagoge und der jüdische Friedhof in Dornum
Dank des Einsatzes der nichtjüdischen Mitbürger hat die Synagoge im ostfriesischen Dornum die Pogromnacht von 1938 überstanden. Sie wurde damals nicht niedergebrannt. So ist sie heute ein wichtiger Zeuge des jüdischen Lebens und ein Dokumentationszentrum. Der Leiter, Georg Murra-Regner, erlaubte uns freundlicherweise, in der Synagoge zu filmen.
Die Synagoge von Dornum in Ostfriesland von franz-roth-tv
Im ehemaligen Ghetto von Eisenstadt
Es gab jahrhundertelang im Burgenland blühende jüdische Gemeinden. Sie sprachen deutsch und jiddisch. Sie lebten vom Handel und vom Handwerk. Und sie standen unter dem Schutz der Fürsten Esterházy, die sie schätzten und achteten. Im 17. Jahrhundert bilden die Gemeinden in Eisenstadt, Deutschkreutz, Frauenkirchen, Kittsee, Kobersdorf, Lackendorf und Mattersdorf die heiligen "Siebengemeinden", die sheva kehilot. Sie bringen gemeinsam die drückenden Abgaben für die Landesherren auf und leben im Ghetto in guter Nachbarschaft zu den Christen, die ihnen am Sabbat Licht und Feuer entzünden. Die Juden sind meist kleine Gewerbetreibende, aber sie werden auch Beamte, Anwälte und Ärzte. Womit sie, nicht sehr zur Freude ihrer christlichen Nachbarn, über den Bereich des Handels hinaus in die bürgerlichen Berufe vordringen. Aber die Esterházy tolerieren auch das, leben sie doch nicht schlecht von den Juden.
Pirmasens in der Südwestpfalz - wenig jüdische Spuren
Erstmals werden Juden in Pirmasens Mitte des 18.Jahrhunderts urkundlich erwähnt; die Wurzeln einer jüdischen Gemeinde lassen sich bis in die sog. ‚Landgrafenzeit’ um 1765 zurückverfolgen. Der am Ausbau seiner Residenzstadt interessierte Landgraf förderte die Ansiedlungen von Juden, da diese durch Schutzgelder für zusätzliche Einnahmen sorgten und auch den Handel belebten.
Um 1900 war die Pirmasenser jüdische Gemeinde die drittgrößte der Pfalz.
Aber schon in den 1920-er Jahren war Pirmasens eine Hochburg der NSDAP. Mit dem "Eisenhammer" wurde in der Stadt ein NS-Kampfblatt herausgegeben, das durchaus dem Vergleich mit Julius Streichers Stürmer standhält.
Erst 1995, 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde das seit 1945 so benamte Schustergässel in Synagogengasse umbenannt und bezeugt nun wieder den Ort, die Gasse, in der bis zu ihrer Zerstörung durch die Nationalsozialisten die Pirmasenser Synagoge gestanden hatte.
Der in den 20-ern stillgelegte "Alte Friedhof" beherbergte auch einen israelitischen Teil. Der wurde in der NS-Zeit völlig zerstört und aufgehoben. Nur wenige Grabsteine fanden sich nach dem Zweiten Weltkrieg wieder und wurden in einer Reihe aufgestellt.
Unsinnigerweise steht auf dem Gedenkstein, hier habe sich mal ein israelitischer Friedhof befunden. Unsinnig deswegen, weil nach jüdischem Ritus ein Friedhof ewig ist. Und wie wenig respektvoll man auch nach dem Zweiten Weltkrieg gegenüber den Opfern des Holocaust gewesen ist mag belegen, dass sich auf dem Gräberfeld ein Kinderspielplatz mit Sandkasten befunden hatte, den ich noch selbst aus meiner eigenen Kindheit kenne.
Und der jüdische Friedhof von 1813 liegt versteckt in einem Industriegebiet in der Zeppelinstraße. Kein Wegweiser, kein Hinweisschild. Nur schwer zu finden.
Eine jüdische Gemeinde gibt es übrigens heute in Pirmasens nicht mehr.