Samstag, 30. Dezember 2017

Kandel - Eine Pfälzer Idylle hat Risse bekommen


Kandel, eine Kleinstadt in der Südpfalz, im Landkreis Germersheim, wer kannte es vor dem 28. Dezember 2017? Wer kannte diese Stadt, bevor ein Afghane dort in einem Supermarkt ein 15-jähriges Mädchen erstochen hat?

Die Stadt Kandel liegt in der Südpfalz im Landkreis Germersheim in Rheinland-Pfalz und ist Verwaltungssitz der Verbandsgemeinde Kandel. Kandel liegt am Nordrand des Bienwaldes, etwa 12 Kilometer von der französischen Grenze entfernt, 19 km südlich von Landau und 20 km westnordwestlich von Karlsruhe in der Oberrheinischen Tiefebene. Die erste Erwähnung Kandels findet sich in einer Urkunde des Speyerer Bischofs Günther von Henneberg aus dem Jahre 1150. Dort ist ein "Adelbrath von Canele" als Zeuge einer Schenkung genannt. Urkunden sprechen im Jahre 1348 von einer Kirche in Kandel.

Wir kennen Kandel sehr gut. Es gehört zu unseren bevorzugten sommerlichen Ausflugszielen in der Südpfalz.

Und gerade, wenn man einen Ort persönlich kennt, an dem so eine grausame Bluttat stattgefunden hat, umso persönlicher empfindet man auch. Umsomehr auch nimmt man wahr, dass die Gewalt nicht nur in den Großstädten zuhause ist, sondern längst die beschauliche Provinz erreicht hat.


Wenn ich mich bislang mit aktuellen Themen rund um Kandel befasst habe, so ging es um die Situation der Tabakbauern.


Denn den Pfälzer Tabakbauern geht die Luft aus. Diese traditionelle Erwerbsquelle der Bauern in der Vorderpfalz ist bedroht durch Rauchverbote, das Verbot der Zigarettenwerbung etc. pp. - Viele der Bauern haben den Anbau bereits eingestellt und konzentrieren sich nun auf andere Produkte. Die Trockenspeicher für die Tabakpflanzen stehen vielfach leer, womit auch das gewachsene Gesicht der Tabakdörfer sich zu veändern droht. Viele Betriebe haben auf Gewürzfelder umgestellt. Hatzenbühl war lange Zeit das älteste und zeitweise auch größte "Tabakdorf" in Deutschland, weil in der Südpfalz Klima und Böden für den Anbau dieses Nachtschattengewächses ideal waren. Trotz eines rapiden Anbaurückgangs wegen starker internationaler Konkurrenz blieb die Südpfalz viele Jahre eines der wichtigsten deutschen Anbaugebiete. Höhepunkt waren nach dem Zweiten Weltkrieg die Jahre zwischen 1970 und 2009, als rund um Kandel, Herxheim und Hatzenbühl auf über 1200 Hektar die drei Sorten Badischer Geudertheimer für Zigarren sowie Badischer Burnley und Virgin für Zigaretten und Pfeifentabak angebaut wurden. Jedoch wurden 2010 die Subventionen der EU für den Tabakanbau gestrichen. Ohne finanzielle Förderung gaben viele Tabakpflanzer die zeitintensive und mit Handarbeit verbundene Produktion auf.


Aus dem wirklich aktuellen Geschäft des Bildreporters habe ich mich vor acht Jahren zurückgezogen. Irgendwann ist man dafür zu alt. Rein physisch. Und man muss es sich auch nicht mehr antun, Unfälle und andere schreckliche Ereignisse zu dokumentieren.


 

So bin ich persönlich bei den Reise- und Kulturthemen gelandet. Und bei den Naturthemen. Bei den Features. Es wäre mir noch vor kurzem nicht in den Sinn gekommen, dass es aus Kandel etwas anderes zu berichten geben wird als, wo man entspannt ein schönes bayerisches Weißbier in der Pfalz genießen kann.


Nun ist es anders gekommen.
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Nein, ich schnappe jetzt nicht meine Ausrüstung, fahre nach Kandel und knipse und filme Kerzen und Blumen vor dem DM-Supermarkt. Das habe ich letztmals bei Nine-Eleven gemacht. Vor dem Deutsch-Amerikanischen Institut in Nürnberg.

  

Aber Kandel, die Pfälzer Idylle, hat für uns ihre Unschuld verloren. Die Stadt wird künftig auch immer mit diesem feigen Mord in Verbindung stehen.


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