Sonntag, 26. September 2021

Reiseerinnerungen aus Ostfriesland

Im Urlaub unser friesisches "Morgenritual": Kaffee trinken auf dem Balkon unserer Ferienwohnung in Sillenstede, neueste Nachrichten und Wettervorhersage checken. Dann geht es nach Schortens-Heidmühle zu Fisch & Feinkost Flebbe. Unser Frühstück: Matjes-Brötchen.


Ausflug ins Rheiderland

Das Rheiderland ist ein Landstrich in Deutschland und den Niederlanden zwischen Ems und Dollart. Der deutsche Teil des Rheiderlandes liegt in Ostfriesland, westlich der Ems. Der niederländische Teil (geschrieben: Reiderland) liegt in der niederländischen Provinz Groningen und wird häufig dem Oldambt zugerechnet. Das Rheiderland ist auf dem Festland neben dem Overledingerland, dem Moormerland und dem Lengenerland eine der vier historischen Landschaften des Landkreises Leer.


Wir sehen: Jemgum, Bunde, Weener, Bingum, Ditzum und Critzum.

Das Rheiderland liegt nur knapp über dem Meeresspiegel - und teilweise sogar darunter, etwa am Wynhamster Kolk - mit 2,50 Meter unter Normalhöhennull einer der tiefsten Punkte Deutschlands.

Die Geschichte des Rheiderlandes ist eng mit dem Dollart verbunden, jener Nordseebucht, die schwere Sturmfluten im Mittelalter in das Land gegraben haben. Quadratmeter für Quadratmeter erobern es sich die Menschen seit Jahrhunderten zurück - Landgewinnung ist eine mühsame und langwierige Aufgabe. Noch immer prägen die meist schnurgeraden Entwässerungskanäle, die hier Tiefs genannt werden, große Teile des Rheiderlandes.

Am Ems-Jade-Kanal

Der Ems-Jade-Kanal verbindet die Ems bei Emden in Ostfriesland mit dem Jadebusen bei Wilhelmshaven. Der Ems-Jade-Kanal wurde in den Jahren 1880 bis 1888 gebaut. Seine Entstehung verdankt er dem Wunsche Preußens, seinen als Exklave im damaligen Großherzogtum Oldenburg gelegenen Kriegshafen Wilhelmshaven über den Wasserweg mit dem preußischen Ostfriesland zu verbinden, wozu Wilhelmshaven seinerzeit politisch gehörte. Die schnell wachsende Stadt am Jadebusen versprach auch ein guter Markt für landwirtschaftliche Produkte, Baumaterial und Torf zu werden. Außerdem konnte der Kanal die Entwässerungsverhältnisse im höhergelegenen, inneren Teil Ostfrieslands verbessern, dessen Wasser er aufnahm und über den Emder Hafen in die Ems und über den Wilhelmshavener Hafen in den Jadebusen leitete.


Am Ems-Jade-Kanal - Reepsholt, Friedeburg, Hoheesche, Abickhafe, Dykhausen, Sande, Mariensiel

Er trägt die Hauptlast der ostfriesischen Entwässerungsinfrastruktur, die ein dauerhaftes Bewohnen der Region überhaupt erst ermöglicht. Der Kanal wird vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) – Betriebsstelle Aurich betrieben und unterhalten, auf den letzten 5,44 Kilometern vor Wilhelmshaven im Auftrage des Bundes (Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest in Aurich), weil diese Strecke zu den sog. sonstigen Binnenwasserstraßen des Bundes zählt.

An den ostfriesischen Fehn

Fehn (niederländisch Veen ‚Moor‘) bezeichnet sowohl die Moorkanäle als auch die Siedlungen (Fehnsiedlung) entlang dieser Kanäle.

Die Endung -fehn (auch -vehn, -venn, -fenn, -feen) als Bestandteil von Ortsnamen bezeichnet im niederdeutschen Raum eine morastig-sumpfige Niederung oder ein Moor. Ortsnamen mit dieser Endung kommen am häufigsten in Ostfriesland vor, aber auch im Ammerland, in anderen Gebieten Niedersachsens und in Schleswig-Holstein.

In Ostfriesland und den unmittelbar angrenzenden Gebieten deutet ein Ortsname auf -fehn des Öfteren, aber nicht immer auf eine spezielle Form der Moorsiedlung aus der Zeit vom 17. bis zum 19. Jahrhundert hin, die an ins Moor getriebenen Kanälen entstanden ist.


Die Fehnkultur kann als eine Form der Binnenkolonisierung gelten, da sie bis dahin unbewohnte und unbewohnbare Gebiete für eine relativ intensive Besiedlung erschlossen hat. Sie hängt mit Kanalbau und Torfstechen zusammen und wurde in den Niederlanden entwickelt, wo die älteste Kolonie das im Jahr 1599 gegründete Oude Pekela ist.

Die „ideale“ Fehnsiedlung besteht, in den Niederlanden wie in Deutschland, aus einem oder mehreren ins Moor getriebenen, ursprünglich schiffbaren Kanälen, an denen die Siedlerhäuser wie an einer Perlenschnur aufgereiht sind. Der Fehnkanal, die Hauptwieke, diente zunächst zur Entwässerung des Moores, zum Abtransport des Torfes mit getreidelten Schiffen und zur Anfuhr von Baumaterial, Dünger usw. Von der Hauptwieke aus wurden häufig noch Seiten- und Nebenkanäle, die In- und Achterwieken, angelegt. Beiderseits der Kanäle errichteten die Siedler ihre einfachen, einheitlich gebauten Häuser. Die sich oft über Kilometer hinziehenden Reihensiedlungen wirken trotz ihrer Gleichmäßigkeit nicht eintönig. Neben ‚echten’ Fehnsiedlungen wurden jedoch auch solche Moorsiedlungen mit dem Grundwort Fehn belegt, denen der dafür so typische Kanal fehlt. Die jüngste derartige Siedlung ist Hinrichsfehn, die erst nach 1945 gegründet wurde.

Die Lebensbedingungen der ersten Siedler (Fehntjer) waren durchweg erbärmlich. Zur Wohnung dienten zunächst nur primitivste Hütten aus Torfplacken und die Nahrungsversorgung blieb auf wenige Komponenten beschränkt. Nachdem aber die erste Not überstanden war, verstanden es die Bewohner, ihre Wirtschaftsgrundlage auszubauen, und die Fehnsiedlungen erlebten in der Folgezeit einen merklichen Aufschwung. Das geflügelte Wort "Den Ersten sien Doad, den Tweten sien Not, den Dridden sien Broad" soll aus der Zeit der Fehnbesiedelung stammen. Viele Fehntjer fanden in der Neuzeit andere Einkommensquellen, zum Beispiel in der Seeschiffahrt.

Das Museum der Armut in Moordorf

Vom harten Leben der Moorkolonisten zeugt das Museum in Moordorf. Moordorf ist seit der Gemeindegebietsreform von 1972 der größte Ortsteil der Gemeinde Südbrookmerland im Landkreis Aurich in Ostfriesland. Der Ort hat 6361 Einwohner (Stand: 1. Juli 2012) und liegt auf einer Höhe von etwa 3 m ü. NN. Ursprünglich war Moordorf ein Straßendorf, entwickelte sich jedoch durch die Ausweisung neuer Baugebiete zu einer Streusiedlung.

Das Moormuseum Moordorf ist eines der eigenwilligsten Museen in Nordwestdeutschland und daher zu einem Anziehungspunkt vor allem für Urlaubsreisende geworden . Es ist eines der meist besuchten Museen in Ostfriesland. Das „Museum der Armut“, wie es auch genannt wird, stellt in urwüchsiger Moorlandschaft die schwierige 200- jährige Entwicklungsgeschichte einer ostfriesischen Moorkolonie dar.


Die Geschichte von Moordorf begann in der zweiten Hälfte des 18 . Jahrhunderts. Damals, im Jahre 1767, war Ostfriesland unter der Herrschaft Preußens. Der Siebenjährige Krieg (1756 – 1763) war beendet. König Friedrich II . hatte 1765 das Urbarmachungsedikt erlassen: Danach fielen die wüsten unbebauten Heidefelder und Moore an die Krone, wurden von dieser aufgeteilt und zwecks Kultivierung an Siedlungswillige vergeben.

Auch zwischen den alten Dörfern Walle und Victorbur lag damals ein weites und wildes Heidegebiet, durch das nur ein einsamer Postweg führte. Jäger streiften von Zeit zu Zeit über das Hochmoor; die Bauern aus der Nachbarschaft gruben wahllos Torf und hinterließen große Wasserkuhlen.

Die ersten Siedler kamen aus den Nachbargebieten Moordorfs. Später waren es Menschen aus dem ganzen ostfriesischen Raum und auch darüber hinaus, die sich in der Kolonie Moordorf niederließen.

Nach 100 Jahren waren über 130 Familien in Moordorf ansässig, davon stammten 2/3 aus Ostfriesland.

Entstehung und Entwicklung Moordorfs vollzogen sich unter unsagbaren Schwierigkeiten. – Als Ursachen hierfür sind einerseits fehlende Entwässerungsanlagen zu nennen (die Besiedlung begann 1767, aber erst mehr als 100 Jahre später wurde ein Kanal gebaut!), andererseits waren die staatlichen Stellen bei der Auswahl der Siedler mehr als nachlässig. Den mittellosen Siedlern wurden viel zu kleine Parzellen überlassen, so dass der unergiebige Boden schnell erschöpft war. Die Erbpacht konnte nicht mehr bezahlt werden und die Kolonisten versanken in bittere Armut. Als Hauptursachen des Elends seinen hier die weitgehend planlose Besiedlung ohne staatliche Kontrolle, die viel zu kleinen Kolonate, der Mangel an Infrastrukturmaßnahmen wie der Anlage von Kanälen, wie in der Fehnkultur, die fehlende Siedlerauswahl und der Zustrom mittelloser Siedler genannt.

Trotzdem beliefen sich jährlichen Einnahmen der Preußen auf stattliche 200.000 Taler. Moordorf als Moorkolonie gehörte zu den kinderreichsten und gleichzeitig ärmsten Dörfern Deutschlands. In den Betten der Lehmkaten übernachteten nicht selten 3 bis 4 Kinder in einem Bett. Bis weit in den Herbst liefen die Kinder barfuß. Dabei ist zu beachten, dass es im Moor wesentlich früher als in anderen Landstrichen friert. Für die Schule hatten die Kinder keine Zeit, da sie früh gezwungen wurden mitzuarbeiten oder zu betteln. Die Jungen und Mädchen landeten vielfach wieder als Knechte oder Mägde bei Bauern. Die bittere Armut und die dadurch auftretenden Begleiterscheinungen wie Betteln und der Verkauf von Stroh- und Binsenmatten und Böhnern (Topfschrubber aus Heidekraut) im Hausierhandel führten zu allerlei Gerüchten, welche historisch nicht belegbar sind. So hatten sich in Moordorf keine Zigeuner niedergelassen; ebenso wenig stammen die Moordorfer von „Sträflingen“ ab, wie es immer wieder hieß und gelegentlich noch heißt. Womöglich hängt das „Sträflingsgerücht“ mit einigen ausgedienten „landfremden“ Soldaten zusammen, die in Moordorf siedelten. Allerdings: nur zwei von ihnen blieben auf Dauer in Moordorf.

In der Weimarer Republik gehörte Moordorf zu den Hochburgen der Kommunisten, die über 50 % der Stimmen bei den Reichs- und Landtagswahlen erhielten. Nach 1933 wurden die Kommunisten von den Nationalsozialisten stark verfolgt. Sie wurden als arbeitsscheues, asoziales, minderwertiges und vorbestraftes Gesindel angesehen und hatten entsprechend Repressalien zu ertragen. Dabei benutzte die nationalsozialistische Propaganda die bestehenden Gerüchte und sorgte dafür, dass diese sich im Bewusstsein der Ostfriesen festsetzen konnten. Einen beeindruckenden Überblick der Lebensumstände im ehemaligen Moordorf bietet heute das Moormuseum Moordorf.

Der Upstalsboom bei Aurich

Der Upstalsboom war während der Zeit der Friesischen Freiheit im 13. und 14. Jahrhundert die Versammlungsstätte der Abgesandten der friesischen Landesgemeinden, der Sieben Seelande, westlich der heutigen Stadt Aurich. Zu Fuß kann man über eine Allee den Hügel erreichen, auf dem seit 1833 eine Steinpyramide steht.


In der Zeit des Nationalsozialismus sollte das Gelände zu einem Thingplatz umgestaltet werden. Diese Pläne kamen aber nicht mehr zur Ausführung, so dass das Aussehen des Geländes seit 1879 weitgehend unverändert ist. Heutige Eigentümerin des Areals ist die Ostfriesische Landschaft.

Die Bezeichnung Sieben Friesische Seelande (kurz auch nur Sieben Seelande) ist eine symbolische Beschreibung für die Mitglieder des mittelalterlichen Upstalsboom-Bundes zu Zeiten der friesischen Freiheit. Die Zahl Sieben stellt dabei keinesfalls die tatsächliche Anzahl der freien friesischen Lande dar, sondern symbolisiert die Gesamtheit der Frieslande, auch Gesamt-Friesland ("Tota Frisia") genannt. In der Realität gehörten je nach aktueller politischer Entwicklung bis zu drei Dutzend selbstständige friesische Gemeinwesen zwischen Zuidersee und Weser dem Bund an. Die sieben Seerosen und die sieben blauen und weißen Streifen in der Flagge der niederländischen Provinz Fryslân stehen noch heute für die sieben Seelande.


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