Dienstag, 5. Oktober 2021

Ein Blick nach Osten

Jena, Thüringen, Honigmann'sches Haus, Oberlauengasse 8, Buchhandlung - Foto von 1998 - Laut Inschrift über der Tür handelt es sich um die 1990 neu aufgebaute Fassade des früheren Honigmannschen Geschäftshauses in der Leutrastraße 28. Das Original war 1973 der Abrißbirne zum Opfer gefallen als die SED plante, die komplette Innenstadt mit "sozialistischen" Neubauten neu zu gestalten. Anlässlich der "Neugestaltung" des Stadtzentrums ab 1968 wurde die historische Innenstadt um den Eichplatz abgerissen.

In der DDR war die "Großplatte", die Plattenbau-Siedlungen, gang und gäbe (links im Bild: Chemnitz, Theaterstraße).

Der industrielle Wohnungsbau in Plattenbauweise mit vorgefertigten Betonteilen wurde seit 1957 in der DDR in großem Umfang realisiert.

Mit dem staatlichen Wohnungsbauprogramm von 1972, das die Beseitigung des Wohnraummangels bis 1990 zum Ziel hatte, wurde der Plattenbau zum wichtigsten Neubautyp erhoben. Neue Stadtteile oder ganze Städte mit bis zu 100.000 Einwohnern, wie Halle-Neustadt oder Jena Lobeda, wurden gänzlich in Plattenbauweise errichtet.

Die älteren Gebäude in den historischen Stadtkernen wurden nicht gefördert. Somit war der Verfall der historischen Innenstädte als Kehrseite des DDR-Wohnungsbauprogramms vorprogrammiert.

Das führte, wie etwa in Jena, zum Flächenabriss zugunsten innerstädtischer Plattenbauten.

Die Plattenbauwohnungen waren zur Zeit ihrer Entstehung bei der Bevölkerung begehrt, da diese Wohnungen im Gegensatz zu Altbauwohnungen vom Beginn des 20. Jahrhunderts mit standardisiertem Komfort wie fließendem warmen und kalten Wasser, Zentralheizung, Toilette in der Wohnung (Innen-WC) und Badewanne ausgestattet waren. Die Plattenbau-Mieten waren zwar etwas höher als die für eine Altbauwohnung, aber dennoch gering. Wohnungsmieten wurden in der DDR staatlich auf ein niedriges Niveau reguliert.


Wie sehr die Altbausubstanz dem Verfall preisgegeben war, das zeigen die folgenden Fotos (von 1992) aus Meißen.
Chemnitz war zu DDR-Zeiten eine besondere Stadt. 1953 hatte die SED ein Karl-Marx-Jahr ausgerufen. Und um die Verbundenheit der Arbeiter der Industriestadt Chemnitz mit dem Sozialismus herauszustellen, entschied die SED-Führung, gleich die ganze Stadt und damit auch den Bezirk nach dem Philosophen und Begründer des sogenannten "wissenschaftlichen Sozialismus" zu benennen. Karl-Marx-Stadt lautete von da an bis 1990 der Name einer der wichtigsten Industriestädte der DDR.

Das in Deutschland bekannteste Wahrzeichen von Chemnitz ist der große Kopf von Karl Marx an der Brückenstraße. Das Karl-Marx-Monument wurde 1971 eingeweiht und vom sowjetischen Künstler Lew Korbelew geschaffen. Es ist die zweitgrößte Büste der Welt, nach dem Lenin-Kopf von Ulan-Ude. Das Relief dahinter stellt den zentralen Satz aus dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx in vier Sprachen dar: "Proletarier aller Länder vereinigt euch".

Das Gebäude hinter Marx war der Sitz der SED Bezirksleitung und wurde (und wird) im Volksmund deshalb "Parteisäge" genannt.
Seit mehr als einem Jahrzehnt wird um die Nutzung der ehemaligen SED-Zentrale sowie der brachliegenden Flächen dahinter gestritten. Ex-Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (59, SPD) wollte 2017 das riesige Gebäude abreißen lassen. Laut Angaben der Stadt ist ein Abbruch der "Parteisäge" weder geplant, noch könnte man dies bis 2025 umsetzen (dann ist Chemnitz Kulturhauptstadt Europas). Zudem steht das Gebäude, ebenso wie die anderen, aus der DDR stammenden Gebäude in der näheren Umgebung, unter Denkmalschutz. Damit wäre ein Abriss ohnehin nicht so einfach möglich. Die "Parteisäge" wird der Stadt weiter erhalten bleiben. Die Abriss-Pläne von Barbara Ludwig sind endgültig vom Tisch.

Nischel-Jubiläum am 9. Oktober 2021

Das karl-Marx-Monument wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Die zweitgrößte Porträtbüste der Welt wurde am 9. Oktober 1971 vor etwa 250.000 Menschen enthüllt. Seitdem ziert das Werk das Chemnitzer Stadtbild.

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