Samstag, 16. Oktober 2021

Für Austernliebhaber: Cancale

Blick auf Cancale
Cancale oder "Cancaven" in Altbretonisch heißt "die Bucht am Fluss". Cancale ist aus der Zusammenlegung von zwei historischen Gemeinden entstanden: la Houle, heute „Port de la Houle“, und dem Marktflecken „Cancale d’en haut“, dessen Häuser sich um die alte Kirche Saint-Méen de Judicaël scharten. Bis 1830 hatten die beiden Gemeinden nebeneinander existiert. Dann beschlossen die kirchlichen Behörden, sie zu einer einzigen zusammenzuschließen. Die Rue du Port wurde gebaut, um die beiden Häusergruppen zu verbinden. Ende des 19. Jahrhunderts wird eine neue Kirche Saint-Méen am Place de la République errichtet. Das Dorf wird größer, und mit der Zeit reihen sich neue Häuser entlang des ehemaligen Vau Baudet, der zum Hafen hinunterführt. Später kommen Neubauviertel hinzu, die die einzelnen Viertel zusammenschließen, bis die Gemeinde zum heutigen Cancale wird.

Die Frauen von Cancale waren schon immer das starke Geschlecht

Denkmal für die Austernwäscherinnen von Cancale. Die Cancalaises waren schon immer das, was man heute emanzipiert nennt, hatten sie doch während des Jahres, derweil die Männer auf See waren, um Kabeljau vor Neufundland zu fangen, Haus und Hof zu versorgen.

Fontaine "Les laveuses d'huîtres" ("Oyster washers") - Place de la République, 35260 Cancale, Frankreich -



Die Pfarrkirche Saint-Méen, vor der das Denkmal steht, wurde von Alfred-Louis Frangeul zwischen 1876 und 1886 in einem Teil des Parks des alten Herrenhauses Bellevue erbaut. Am 2. September 1906 abgebrannt, wird sie im darauffolgenden Jahr von Arthur Regnault restauriert. Der Turm wurde zwischen 1931 und 1932 erbaut. Der neugotische Stil des 13. Jahrhunderts ist ziemlich repräsentativ für das Werk von Alfred-Louis Frangeul.

Austern aus Cancale Mit seinen zahlreichen auf das Meer konzentrierten Aktivitäten lebt der Hafen im Rhythmus der Gezeiten. Er hatte sich in einer natürlich geschützten Bucht entwickelt und bekam mit der Errichtung zweier Uferdämme, die den gegenwärtigen Hafen umschließen, seine Struktur. Nach dem Niedergang der Bootswerften und der Hochseefischerei in Neufundland sind es heute die Austernzucht, deren Farmen bei Niedrigwasser sichtbar sind, und der Tourismus, die die Kais von La Houle lebendig erhalten.
Bereits Ludwig der XIV. soll regelmäßig Austern aus Cancale verzehrt haben. Waren es früher natürlich vorkommende Austern-Kulturen, die den Bedarf deckten, so sind es heute die modernen Austern-Zuchten, die den Markt beliefern. Und die früher in der Bretagne verbreitete Austern-Art, die flache Auster ("huître plate") wurde auch noch durch Seuchen fast völlig ausgerottet. Heutzutage wird in der Bretagne hauptsächlich die ursprünglich aus Kanada und Japan importierte Austern-Art "huître creuse" angeboten, die zwar in ihrem tiefer gewölbten Gehäuse einen größeren Fleischanteil bietet, im Geschmack aber nicht an das Aroma der Huître plate heranreichen soll.
In dem auf der westlichen Seite der Bucht des Mont-Saint-Michel gelegenen Ort und besonders in seinem Hafen "La Houle" mit seiner malerischen Häuserzeile ist die Auster das zentrale Thema. Die Auswahl an den Verkaufsständen am Hafen ist groß, und wer die Austern sofort essen möchte, kann das Dutzend (traditionell 13 Stück) gegen einen kleinen Aufpreis geöffnet verzehrfertig erhalten.

Auch die Restaurants bereiten sich auf die Mittagessenszeit vor. Neben der auch hier thematisch dominierenden Auster werden die verschiedensten Varianten an Miesmuschel-Gerichten ("Moules") und Meeresfrüchte-Tellern angeboten. Dabei können die Köche auf die heimischen Muschelbänke zurückgreifen: In der Bucht des Mont-Saint-Michel, z.B. in der Umgebung von Le-Vivier-sur-Mer unweit von Cancale, werden zunehmend auch Miesmuscheln kultiviert.


Le Vivier-sur-mer, das Zentrum der bretonischen Muschelzucht

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