Mittwoch, 7. August 2019

Geschichten aus Jever

Das berühmte Fräulein Maria

Maria von Jever, im Jeverland als Fräulein Maria bekannt, (* 5. September 1500 in Jever; † 20. Februar 1575 ebenda) war die letzte Regentin der Herrschaft Jever aus dem Häuptlingsgeschlecht der Wiemkens.

An Fräulein Maria kommt in Jever niemand vorbei. Obwohl sie vor mehr als 400 Jahren starb - oder, wie man in Jever sagt, seit 1575 nicht mehr gesehen wurde - ist Maria allgegenwärtig: Eine Straße, ein Denkmal, ein Gymnasium und eine Kirchenglocke tragen ihren Namen. Sie war es, die Jever "am ersten Mittwoch im Fasten" - dem Aschermittwoch - 1536 die Stadtrechte verlieh. Maria von Jever, so ihr offizieller Name, regierte die Stadt und die dazugehörigen Ländereien so geschickt, dass sich Jever bis heute Marienstadt nennt.

Die für eine Frau ungewöhnliche Rolle der Regentin fällt Maria als Tochter des letzten Häuptings der Friesen, Edo Wiemken des Jüngeren, zu. Sie wird 1500 geboren, ihre Eltern sterben früh und als auch ihr Bruder ums Leben kommt, steht Maria als Nachfolgerin fest. Allerdings ist sie noch zu jung, um die Regentschaft zu übernehmen. Ihre Vormünder einigen sich mit Graf Edzard von Ostfriesland auf einen Heiratsvertrag, der ihm die Schutzherrschaft über das Jeverland sichert. Die Ostfriesen halten ihr Versprechen aber nicht, sie besetzen Burg Jever. Der ostfriesische Drost Boing von Oldersum kommt Maria zu Hilfe und vertreibt die Eindringlinge. Er gilt später als Marias Geliebter.

Entgegen der damaligen Gepflogenheiten heiratet Maria keinen Sohn eines Grafen, sondern regiert das Land mit eisernem Willen und Geschick selbst. Sie erweitert ihr Herrschaftsgebiet, lässt Deiche bauen, fördert den Handel und gestaltet die Festung Jever zu einem Renaissance-Schloss um. Um 1564 schafft sie in der Stadtkirche ein Denkmal für ihren Vater Edo. Das imposante Grabmal im niederländischen Renaissancestil ist bis heute erhalten und gilt als bedeutendstes Kunstwerk Jevers. Da Maria keine Kinder bekommt, stirbt mit ihr die Dynastie der Häuptlingsfamilie Papinga aus, die in Friesland seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts regierte. Eine Legende besagt, Maria sei 1575 in einem unterirdischen Gang im Schlosspark verschwunden. Wie schon damals läutet noch heute - bis zu ihrer Wiederkehr - jeden Abend die Marienglocke im Turm der Stadtkirche.



Die Getreuen von Jever

Am 1. April 1871 schickten jeversche Stammtischbrüder Reichskanzler Bismarck 101 Kiebitzeier als Geschenk zum Geburtstag. Das war die Geburtsstunde der „Getreuen von Jever“.

Mit dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und der Gründung des Deutschen Reichs erreichte Bismarck mit 56 Jahren den Höhepunkt seines politischen Wirkens. Alle Schichten und Kreise der deutschen Bevölkerung huldigten im Siegestaumel begeistert, aber auch oft übertrieben dem Reichskanzler.

Dass Jever als Stadt „Der Getreuen“ mit besonderer Beziehung zu Bismarck bekannt wurde, ist Wilhelm Mettcker zu verdanken. Er war der Mitbegründer eines Stammtischs, der sich schon vor 1871 in Jever in der Gaststätte Rudolphi traf. Der Geburtstag des Reichskanzlers, der gutes Essen und Getränke liebte, veranlasste auch den Stammtisch, seine Achtung vor Bismarck zu bekunden. Weil der Kanzler gerne Kiebitzeier aß, sandte der Stammtisch ihm erstmals zum Geburtstag am 1. April 1871 genau 101 Kiebitzeier. Das war die Geburtsstunde der „Getreuen von Jever“.


Die ersten beiden Sendungen mit Kiebitzeiern an Bismarck 1871 und 1872 waren noch einfach mit „Aus Jever“ adressiert. 1873 hieß es auf dem Glückwunschbrief „Von den Getreuen in Jever“. Bismarck selbst bedankte sich für das regelmäßige Geburtstagsgeschenk mit einem Pokal, den er 1883 von einem Juwelier in Berlin anfertigen ließ. Das eiförmige Gefäß aus Silber, innen vergoldet, fasst einen Liter Wein und besitzt einen Deckel in Gestalt eines Kiebitzkopfes.

Die Getreuen pflegen bis heute die Sitte des feierlichen Umtrunks aus dem Pokal am 1. April.

An Bismarcks 80. Geburtstag 1895 erinnert in Jever bis heute die Bismarck-Eiche auf dem Kirchplatz: Gymnasiallehrer Kossenhaschen, ebenfalls ein „Getreuer“, hatte sich damals an Bismarcks Sekretariat mit der Bitte gewandt, dem Mariengymnasium eine Eiche aus dem Sachsenwald zu stiften. Tatsächlich kam der Baum pünktlich zum 80. Geburtstag des Reichskanzlers in Jever an und wurde von den Schülern in einer Feierstunde gesetzt.

Zurück zu Fräulein Maria: An sie erinnert auch in Sande (Altmarienhausen) der Marienturm.

Der Turm ist das einzige Überbleibsel eines Sommerschlosses des Fräuleins Maria von Jever. Das Küsteum zeigt vom Deichbau und Küstenschutz über altes Handwerk (wie den im Film zu sehenden Schmied) das frühere ländliche Leben. Das kleine Café lädt zum Verweilen ein.


Der Sagenbrunnen in Jever



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